Sehr geehrte Damen und Herren,
Moin aus Hamburg,
der Toucan hat im Berichtszeitraum April 2025 eine Wertentwicklung (TR) von -1.79% erzielt. Das Fondsvolumen zum Ende des Berichtszeitraumes beläuft sich auf 11.45Mio. EUR. Vielen (vielen) Dank!
Der Monat April war intensiv. Seit Auflage unseres Colibri-Fonds im Dezember 2021 gab es lediglich ein einziges Mal, im März 2023 nach dem recht isolierten Credit-Suisse Beben, ein Sonderbriefing. Aufgrund der Anfang April von der US-Administration ausgehenden Aktivitäten rund um US-Zölle haben wir Mitte April erneut ein kurzes Statement zu den Fonds abgegeben. Das Sonderbriefing finden Sie ebenfalls hier im Investors Hub, auf einige bereits dort skizzierte Situationen werden wir folgend referenzieren.
Einerseits gab es den in solchen Marktphasen typischen kurzfristigen Gegenwind, bei dem nahezu alle Papiere im OTC-Anleihemarkt technisch herunterquotiert werden. So weit, so gut. Für uns viel spannender ist jedoch, dass nahezu zeitgleich auch idiosynkratischer Gegenwind auftrat, der dem Toucan im Berichtsmonat entgegenkam. Das generische Risiko hat sich erholt, Sondersituationen sind jedoch nicht mit der Markterholung angestiegen. Dafür gab es spannende Gründe und Handlungen. So wurde beispielsweise Exposure bei einem spanischen Baukonzern oder einem deutschen Packaging-Unternehmen aufgestockt, da Event-Thesen unverändert, Renditeniveaus jedoch erhöht sind. Da die Makro-Themen uns weniger umtreiben, war es deutlich spannender, dass zeitgleich ein ganz neuer, über mehrere Monate analysierter, und nicht gerade unbekannter EUR Credit-Name (!), erstmals seinen Weg in den Fonds gefunden hat. Möglich sind Renditen von 10-18% p.a. Um wen es sich dabei handelt, und warum uns bei diesen Situationen das Anleihe-Herz aufgeht, skizzieren wir wie üblich unten.
Zudem möchten wir an dieser Stelle nicht allzu viel vorwegnehmen. Im Toucan liegen, anders als im Colibri, jedoch spannende Anleihen, die im aktuellen Monat Mai besondere Beachtung finden. Es gab eine spannende Kapitalmaßnahme, tolle Zahlen bei zwei Recovery-Situationen mit Bonds in den 50ern und einen Termin vorm Amtsgericht. Mehr dazu Anfang Juni, jedoch hat einiges dem Toucan auch bis hierhin schon ein wenig helfen können.
Nun aber zum Rück- und Ausblick – und Abflug!
Playbook – European Credit
Das Briefing vom 6. April erläutert die technischen Merkmale des Credit-Anleihemarktes in solchen Stressphasen wie Anfang April. Ein regelmäßiger Blick auf die Fund-Flows ist als Teil der Einschätzung der Liquidität wertvoll. Während es bei EUR IG im Berichtszeitraum keine Netto-Outflows gab, ging es im EUR HY stark herunter, woraufhin umgehend wieder Inflows folgten. Besondere Beobachtung findet auch die Auswertung zu ETF-Flows, die im Zweifelsfall ihrem Tracking-Error zur HY-Benchmark folgen und entsprechend kaufen/verkaufen müssen. Ein Proxy für richtige Stressphasen wie in der GFC gibt es mit ETFs im Anleihebereich nicht. Spannend! Diese haben YTD kumulativ Assets verloren, während aktive Fonds Inflows generieren konnten (s. dazu auch Kommentar zu ETF-Flows im Bondbereich im Briefing vom 6. April).
Die zügige Rückkehr zur Normalität zeigt sich einmal mehr auch an der großen Nachfrage bei Neuemissionen. Bücher waren kurze Zeit nach den Tarif-Tumulten wieder überzeichnet, Nachrang- und Hybridanleihen konnten begeben werden und selbst riskantere Anleihestrukturen im HY haben es erfolgreich an den Markt geschafft. Ein genauer Blick zeigt diese Entwicklung exemplarisch auf:
Der spanische Glücksspielbetreiber (muss so sein) „Cirsa“ wollte 320Mio. EUR, bei einem Rating von „B-“ einsammeln. Am Ende wurden aufgrund der großen Nachfrage 600Mio. EUR daraus, während man den Kupon von 8.75% auf 8.625% reduzieren konnte. Der Deal ist als Pay-in-Kind Struktur begeben. Dabei kann der Emittent wählen, ob der Kupon in Cash oder in Form neuer Anleihen (und Rückzahlung somit bei Endfälligkeit) erfolgen soll. Spannend ist auch, warum der Emittent plötzlich fast doppelt so viel Geld einsammelt als zuvor „geplant“. Eigentlich sollte der Deal unterstützen, um 500Mio. EUR einer bestehenden Anleihe (7.25%) in Kombination mit Cash zurückzuzahlen. Die Zinsbelastung hat man somit aber über 20% gesteigert, der stark schwankende Total Cashflow dürfte künftig ins Minus rutschen. Mit dem Risk-On Modus ist auch die Anleihe am Sekundärmarkt direkt um vier big figures gestiegen. Investoren scheinen also erst einmal einen tollen Deal gemacht zu haben. Am Ende jedoch freut sich aber vor allem einer – der Eigner Blackstone. Es könnte eine mögliche Sonderdividende für die dahinterstehenden (intransparenten) Private Equity Evergreens geben, bevor man das Unternehmen an die Börse bringt und sich vollständig verabschiedet. Wie es dann bei einer möglichen Refinanzierung in 2030 aussieht, dürfte maximal sekundär sein, schließlich ist man bis dahin weg…
Für den Analyseprozess bedeutet dies u.a. folgendes:
- Strukturmerkmale wie Pay-in-Kind sind keineswegs generell negativ. Bei Unternehmen in Transformationsphasen kann dies durchaus Sinn ergeben. Hier jedoch kritisch.
- Neuemissionen, deren Verwendung (sog. Use Of Proceeds – UOP) hingegen derart ungenau ausfallen sind skeptisch zu betrachten. Zudem die Frage, warum man plötzlich fast doppelt so viel einsammelt wie geplant?!
- Bereitstellung von Geldern bei einer Anleiheneuemission zur Finanzierung (und sei es nur zum Teil) von Dividenden für einen Financial Sponsor sind kritisch zu betrachten.
Der Toucan versetzt sich stets in die Lage der gegenüberstehenden Stakeholder, allen voran den Financial Sponsors. Pay-in-Kind kann zum Beispiel bei einer Restrukturierung (so geschehen bei Tele Columbus) ein Instrument unter Voraussetzung weiterer Aspekte (z.B. Kapitalerhöhung) sein. Die UOP zu prüfen ist im tiefen Credit mehr als ratsam. Der Cirsa-Deal ist in der folgenden Grafik noch nicht enthalten, früher sah diese über Dividende, M&A etc. jedoch deutlich bunter aus.
Toucan
Der Toucan hat im Berichtszeitraum April 2025 eine Wertentwicklung (TR) von -1.79% erzielt. Das Fondsvolumen zum Ende des Berichtszeitraumes beläuft sich auf 11.45Mio. EUR.
Altice International – Ab in die Gruppe
Der Name: Einige haben womöglich schon länger auf diesen Namen gewartet. Altice gehörte in 2024 neben ATOS, Ardagh und Intrum zu den meist diskutierten europäischen Credits überhaupt. Das liegt vor allem daran, dass der Konzern über die drei voneinander unabhängigen Einheiten Altice France (SFR), Altice International, und Altice USA einen umfangreichen Cap Table (Anleihen und Loans) begeben hat. Somit gehört die Gruppe zu den wichtigsten Emittenten im Credit. Wir möchten uns vornehmlich auf Altice International fokussieren, da im Berichtszeitraum eine erste Entscheidung zum Einstieg in Anleihen dieses Emittenten getroffen wurde.
Altice International (Luxemburg) ist ein global agierender Telekommunikationsanbieter mit vertikaler Strategie, bei der Infrastruktur & Telekomdienste kombiniert werden. Dazu gehört Festnetz, Mobilfunk, Breitband, das Betreiben von Funkmasten und Glasfaser und das sowohl für Privat- als auch Unternehmenskunden. Das Geschäft besteht vornehmlich aus Einheiten in Portugal, Israel und der Dominikanischen Republik. Der Konzern liegt vollständig in Händen von Patrick Drahi, der über der gesamten Altice-Gruppe steht.
Altice International hat zuletzt ca. 5Mrd. EUR Umsatz generiert, bei einem EBITDA von 1.9Mrd. EUR und einem operativen Cashflow von 1.85Mrd. EUR. So weit, so gut. Problem ist eine ausufernde Verschuldung, die den Leverage (net debt) zuletzt auf >6.5x hat ansteigen lassen. Über 650Mio. EUR müssen mittlerweile allein zur Zinstilgung aufgebracht werden, was den Total Cashflow ins Minus laufen lässt und netto bei einem eigentlich funktionierenden Geschäft Geld verbrennt. Lösungsansätze müssen her.
Die Bonds: Das Unternehmen hat 16 ausstehende Instrumente, die sich in Rang, Laufzeit und Liquidität unterscheiden. Dazu zählen je in EUR und USD Term Loans, Senior Secured, 1st lien, Senior Unsecured und Convertible Notes. Da die Instrumente zu unterschiedlichen Zeiten und überwiegend während der Niedrigzinsphase begeben wurden, sind die Anleihebedingungen (sog. Covenants) entsprechend unterschiedlich. Bei einigen Papieren sind Bedingungen, zum Beispiel zum Verkauf von Assets, genauer verfasst, bei anderen weniger genau und bei wiederum anderen gar nicht enthalten. Baskets, wie hoch sich das Unternehmen verschulden darf und was dann für Rechte für den Bondholder eintreten, besitzen unterschiedliche Limite uvm. Das sind dann oftmals nur kleine Zusätze auf S. 483 eines Prospektes. Ein Eldorado für aktives Management.
Für den Toucan wurde eine erstrangige und besicherte EUR-Anleihen selektiert. Diese notierten beim Einstieg bei ca. 75% im Kurs bei Laufzeiten bis 2028.
Das Event: Bis 2027 gibt es keine wesentlichen Verbindlichkeiten. Es ist also noch ein wenig Zeit zu reagieren. Im Fokus stand zuletzt die Neuordnung der Altice Frankreich Verbindlichkeiten, die erfolgreich abgeschlossen wurde. Vereinfacht gesagt, gab es hier einen Hair-Cut der Anleihen um 20 Prozentpunkten (Neuemission bei 100% – Haircut von 20 Prozentpunkten = Neuer Wert 80%). Dies ist ein Proxy, den der Besitzer Drahi sicherlich auch für Altice International heranziehen könnte. Viel eher scheint aber der Verkauf von Assets im Vordergrund zu stehen. Dafür könnte z.B. ein (Teil-)Verkauf des Funkmasten-Geschäfts und Glasfasernetzes in Portugal zum Abbau von Schulden herangezogen werden. Den Verkauf des gesamten Geschäfts in der DomRep hat man zuletzt abgelehnt, da der Preis noch nicht stimmte. Auch hier spielt in die Karten, dass Altice International derzeit kein Forced Seller ist. Das sollte man sicherlich nicht ausreizen, aber aktuell ist noch Zeit vorhanden. Addiert man alle wesentlichen Unternehmensbereiche, kommt man bei sehr konservativer Annahme (sowohl sum-of-the-parts als auch im Multiple-Modell) auf einen Recovery-Value von 78-82%. Die Bonds notierten durchgängig darunter, sodass hier ein natürlicher Floor existiert.
Warum dieser Discount zum inneren Wert? Der Name ist viel diskutiert, in Frankreich gab es eine aggressive Kommunikation und Verhandlung um die Restrukturierung der Schwester-Gesellschaft. Etwas, dass viele Investoren direkt meiden, während wir solch umfangreichere Situationen mögen. Der große Teil der Anleihegläubiger ist mittlerweile in einer Bondholder-Group organisiert. Die Papiere (ca. 85% des ausstehenden Gesamtbetrages) sind Teil eines Beschlusses zur Zusammenarbeit (sog. Cooperation Agreement, kurz CoOp). Wer dieses nicht unterzeichnen möchte oder kann, hat Schwierigkeiten zu investieren und dem Fall enger zu zeugen. Ein weiterer Teil, in dem wir Mehrwert liefern können. Es lässt sich also zusammenfassen:
Szenario-Analyse
Einstieg bei 75% im Kurs und Szenarien nach Wahrscheinlichkeit
- Asset-Sale zur Reduzierung der Verschuldung ohne Amend & Extend
- Amend & Extend mit Haircut z.B. von 10-20 Prozentpunkten auf 80-85%
- Recovery des Geschäftsmodelles und Rückzahlung durch Refinanzierung am Markt
- Vereinnahmung des Recovery-Value der Bonds in harter Restrukturierung bei 78-82%.
Die Renditen liegen dann je nach Annahme zwischen 10%-18% p.a. wovon die niedrigste Rendite in die YTW einfließt und die des wahrscheinlichsten Szenarios (15.6%) in die expected yield. Ein ungebliebter Name mit komplexer Kapitalstruktur und vielen beweglichen Teilen. Ein Eldorado für Anleihe-Enthusiasten.
Kennzahlen
Am Ende des Berichtszeitraums weist der Toucan mit seinen 22 Wertpapieren bei 19 Emittenten eine erwartete Rendite von 14.68% p.a. auf. Die Yield-to-worst, also die Rendite, sollten Ereignisse nicht wie erhofft oder später eintreten, liegt bei 14.19% p.a. Die Duration beläuft sich auf 1.87.
Das durchschnittliche Rating auf Anleiheebene beläuft sich auf CCC+, auf Emittentenebene auf B- und die durchschnittliche Anleihegröße beträgt 565Mio. EUR, das Gesamtvolumen aller im Fonds enthaltenen Papiere liegt bei über 12.4Mrd. EUR.
Sollten Sie weitere Rückfragen zum Fonds oder zu den erwähnten Inhalten haben, ein Update der Präsentation wünschen oder (gerne auch kritisches) Feedback geben wollen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
In Hamburg sagt man Tschüss & Always Risk-On
Andreas Meyer
Gründer & CIO