Investors Briefing 07/2023: +1,21% | Ab in die Pipeline

Sehr geehrte Damen und Herren,

Moin aus Hamburg,

im Juli 2023 hat der COLIBRI eine Wertentwicklung (TR) von +1,21% (I-Tranche) bzw. +1,29% (X-Tranche) erzielt. Das Fondsvolumen zum Ende des Berichtszeitraumes beläuft sich auf 89.7Mio. EUR. Folgend eine Übersicht des Colibri gegenüber einigen ausgewählten Indices seit Auflage und YTD.

*Die Indices von HFM aus den Vormonaten (HFM, EurekaHedge & withIntelligence fusionieren ihre Datenbanken) sind ab 01.08 kostenpflichtig. Wir haben erste Einnahmen präferiert in einen weiteren unabhängigen Research-Zweig (mehr davon weiter unten) investiert. Daher der Austausch der vorherigen HFM-Indices gegen die Bloomberg Credit HF bzw. Event-Driven HF Indices. In dem Kontext spannend: Wir wurden erfreulicherweise für die HFM-Awards, welche im Oktober in London stattfinden, nominiert. Da das allein jedoch keine Performance bringt, direkt zurück ans Eingemachte.

Das Playbook – European Credit

Der Juli hat gehalten, was er typischerweise verspricht – eine maue Aktivität am Markt für Neuemissionen und damit auch weniger „Wirbel“ im generischen Risiko am Sekundärmarkt. Mit knapp 15Mrd. EUR im Corporate Investment Grade verbuchte der Berichtszeitraum den schwächsten Monat des Jahres (was sich im August fortsetzen wird) und liegt zudem deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (21Mrd. EUR). Bei High-Yield hingegen wurde mit 4.3 Mrd. EUR überdurchschnittlich viel neues Material geliefert. Dies kann, wie bereits im Vormonat angerissen (Mailing nochmals anbei), darauf zurückgeführt werden, dass Emittenten im HY zunehmend auf Basis idiosynkratischer Umstände in den Luxus kommen, frisches Geld einzusammeln. Das kann eine Restrukturierung, die Unterstützung starker Shareholder oder die generelle Unabhängig vom Markt aufgrund „exotischer“ Namen/Regionen sein. Zwei Beispiele zu illustrativen Zwecken, da wir hier nicht aktiv waren:

  • Piraeus Bank SA: Die griechische Bank hat Anfang des Monats eine Senior-Anleihe über 500Mio. EUR emittiert. Solche „Exoten“ können den Markt deutlich unabhängiger vom generellen Risk-On vs. Risk-Off Modus anzapfen, da die Investorenbasis eine andere ist. Wer der Bank und dem hellenischen Finanzmarkt den Turnaround zutraut, fundamental überzeugt ist etc. stellt die Ausweitung der generellen Credit-Spreads in den Hintergrund. Zittrige Hände sind in diesen Namen vergeblich zu finden, was einen unkorrelierten Charakter und damit auch Neuemissionen im Sommerloch ermöglicht.
  • Iceland Foods Group Ltd: Die britische Einzelhandelskette (98% UK-Risk) ist ein Single-B Emittent und konnte eine Restrukturierung (Tausch in neue besicherte Bonds mit längerer Laufzeit) erfolgreich mit Anleihegläubigern aushandeln. Dafür musste man (von zuvor 4.625% Kupon) fast 11% an Finanzierungskosten hinblättern und die neuen Papiere besichern. Dadurch hat man genügend Zeit erworben, um die Erholung des Geschäftsmodelles (zunehmender Wettbewerb, Inflation und Fehler im Hedging gegen hohe Energiekosten bei gleichzeitig starker Eintrübung der Wirtschaftslage) voranzutreiben.

Beide Beispiele sollen zeigen, dass es selbst für gestresste Emittenten im aktuellen Umfeld keineswegs unmöglich ist frisches Kapital zu erhalten. Notwendig dafür sind alternative und vor allem individuelle Wege, die das Playbook in unserer Nische ungemein spannend machen.

Size matters“. Interessant ist, dass es zuletzt auch größere Emittenten bei den Defaults erwischt hat. Das Credo der Ratingagenturen lautet allgemeinhin „je größer, desto besser“. Bei identischen Verschuldungskennzahlen liefert absolute Größe aus Sicht der Kreditanalysten immer einen Vorteil in der Bonität. Das wiederum führt (aus unserer Sicht) zu einer großen Fallhöhe, schafft aber Chancen in der zweiten Reihe. Letztere bespielen wir gerne, natürlich stets unter Einhaltung eigens gesetzter Liquiditätsanforderungen (genügend Counterparts am Markt, Minimalvolumen der Anleihen etc.). Mit Casino (wir berichteten) und Adler (weitreichend bekannt) hat es zwei sog. „Frequent Issuer“ erwischt. Altice, SBB und Intrum handeln mittlerweile im Distressed-Bereich (>1.000bps Credit Spread). Ein solcher Anteil großer Emittenten in Stresssituationen war zuletzt 2015-16 zu beobachten, als Abengoa und Portugal Telecom den Weg in die Restrukturierung antreten mussten. Aktuell ist der Anteil an großen Emittenten in Restrukturierungen noch nicht überdurchschnittlich hoch, die Entwicklung dahin ist jedoch ungemein spannend und untermauert den bereits skizzierten Paradigmenwechsel bei der Unternehmensfinanzierung.

Ansonsten ist Mitte Juli bis Mitte August die typische Sommerpause am Anleihemarkt. Die Markttiefe erscheint in diesem Jahr nichtsdestotrotz überdurchschnittlich dünn. Zum Hintergrund: Der überwiegende Teil von Anleihen wird OTC mit großen internationalen Banken gehandelt. Diese ermöglichen Liquidität, indem sie Geld- oder Briefseiten stellen und Anleihen auf der eigenen Bilanz halten/erwerben/verkaufen. Dabei spielt die Risikoneigung der großen Banken naturgemäß eine maßgebliche Rolle. Zwar sind Transparenz zu diesen Daten sind im OTC-Anleihemarkt schwerlich zu erhalten, durch Gespräche und in der Qualität zunehmende MiFiD-Auswertungen gibt es mittlerweile aber Möglichkeiten. Einige Informationen, die wir bei einer London-Tour im Juli in Erfahrung gebracht haben, lassen aufhorchen. So gab es einheitliches Feedback großer Kreditinstitute, dass die Risikobücher massiv heruntergefahren wurden. Von „das kleinste Buch, welches ich in meiner Karriere gesehen habe“ bis hin zu „Fokus war erstmals die Reduktion unserer Risken, weniger das (wie in „normalen“ Zeiten) möglichst viel Flow mit Kunden gedreht wird“. Nun ist das Glas hier an der Elbe bekanntermaßen stets mindestens halbvoll. Zudem ist das Ziel des Colibri eine möglichst unkorrelierte Wertentwicklung zum generischen Risiko der (Credit-)Märkte. Daher spielt solch eine Gemengelage dem Colibri eher in die Hände, da Opportunitäten zunehmen.

Der COLIBRI hat im Monat Juni um 1,21% bzw. 1,29% zulegen können, was erneut fast vollständig auf idiosynkratische Ereignisse zurückzuführen ist. Einige davon haben wir folgend niedergeschrieben:

  • Neuemission „out of the box“: Während wir an den Turnaround in Griechenland glauben (aktuell ca. 7% Exposure), gab es auch in Portugal Aktivitäten. Die einstige Krisenbank Novo Banco (ehemals Banco Espirito Santo) hat eine neue Tier2-Anleihe begeben. Bei Neuemissionen sind wir selten dabei, Sondersituationen finden sich da in der Regel nicht. Die Neuemission führte jedoch dazu, dass eine andere im Colibri nahezu seit Auflage des Fonds befindliche Tier2-Anleihe vorzeitig gekündigt wurde. An genau dieser Kapitalmaßnahme sollte partizipiert werden. In den vergangenen 1 ½ Jahren haben wir dafür in der Summe 7x (4x digital, 3x physisch) mit dem Treasury und Vorstand gesprochen. Bei einer in Restrukturierung befindlichen Bank aus Portugal und der mit B- bewerteten Anleihe, agieren die viel zitierten zittrigen Hände nicht. Symbolisch dafür ist auch, dass bei der 500Mio. EUR großen Neuemission nach Angaben des Syndikats lediglich ca. 4% der Investoren aus Deutschland kamen. Genau diese Nische ist es, die der Colibri besetzen soll.
  • Copy + Paste – „Ein Rest „Legacy“: Eine Kopie aus dem Vormonat (s. Mail im Anhang), lediglich mit anderem Emittenten. Bereits einige Male haben wir Nachrang- und Hybridanleihen von Banken und Versicherungen skizziert. Ein Großteil der Opportunitäten in diesem Segment ist vorbei. Im Colibri befinden sich nur wenige ausgewählte Namen, im Rahmen der Risikogewichtung dieser Event-Kategorie. Dies war die bisher letzte. Vergangenen Monat Barclays, war es im Juli die Westpac Banking Corporation, die eine Kündigung ausgesprochen hat. Das Floater-Papier ist ebenso an den Libor gebunden, welcher bekanntermaßen abgelöst wird. Dieses Papier haben wir aus ähnlichen Gründen gewählt. Westpac hat bereits zahlreiche freiwillige Rückkäufe durchgeführt (500Mio. USD emittiert, 352Mio. USD ausstehend), Libor-Daumenschrauben sind vorhanden und auch Äußerungen der APRA (Australian Prudential Regulation Authority) waren positiv. Diese hat sich bei ihrer Regulierung eng an den Vorschriften des Basler Finanzausschusses orientiert u.a. in 11/2022 und 01/2023 Standpunkte dazu veröffentlicht.
  • Pipeline:
    • Französischer Supermarktbetreiber: Nachdem das Cleansing (alle Infos auf dem Tisch, Insiderinformationen, bei denen wir nicht handeln dürfen, sind publik) erfolgt ist, können wir wieder etwas mehr berichten. Das besicherte Papier haben wir umgehend nach Ende des NDA aufgestockt, derzeit ca. 2,7% Gewichtung. Die erste Kurserholung hat im Berichtszeitraum positive Kontributionsbeiträge geliefert. Die Verluste aus den Vormonaten können so sukzessive wettgemacht werden. Sobald alle Maßnahmen inkl. der bereits unterzeichneten Kapitalerhöhung implementiert werden und der Schuldenschnitt durch ist, wird sich das Rating erholen und auch die besicherte Anleihe im Colibri rationaler betrachtet. Die Kapitalmarktfähigkeit ist für das Unternehmen in Zukunft wesentlich. Klassische Investoren sind bei diesen Restrukturierungen hingegen raus. Zudem ist der Name ist mit äußerst negativem Sentiment besetzt, was sicherlich auch noch einige Zeit so bleiben wird. Das Papier ist, bei Etablierung der neuen Bilanzstruktur inkl. frischem Eigenkapital und der damit deutlich verbesserten Kreditqualität gut für 14-16%.
    • Support durch Ankeraktionäre: Seit ca. 2 ½ Monaten analysieren wir einen Namen, in dem wir nun vor kurzem eine erste Position (ca. 1,1%) aufgebaut haben. Hier geht es um ein Telekommunikationsunternehmen, welches in Händen zweier strategischer Ankeraktionäre liegt. Das defizitäre Kerngeschäft befindet sich im Turnaround, den im Ausbau befindlichen Assets wird aber ein großer (strategischer) Wert zugeschrieben. In den nächsten zwei Jahren werden die maßgeblichen Verbindlichkeiten fällig, wozu auch der von uns gehaltene Bond zählt. Zuletzt Ende 2022 haben die Aktionäre eine weitere Kapitalerhöhung durchgeführt. Zudem wurde das Management in Q1/2023 durch Manager aus dem eigenen Netzwerk ausgetauscht. Unsere Gespräche fanden mit den mandatierten Banken und Anwälten der Restrukturierung statt. Weiterhin ist einer der Ankeraktionäre public, sodass wir im Gespräch auch dort wichtige Fragen zum Commitment platzieren konnten. Da die „Maturity-Wall“ bei den jüngsten Maßnahmen logischerweise bekannt war, ist (vereinfacht gesagt), davon auszugehen, dass weitere Unterstützung kommen wird. Der Verkauf von Assets, eine Prolongation der Anleihe (Amend + Extend), nachrangige Darlehen durch die Besitzer, frisches Eigenkapital oder auch ein Hair-Cut der Bonds werden diskutiert. Alle Maßnahmen sind für das Papier, aus dem aktuellen Niveau heraus betrachtet, attraktiv, bieten Potential für 10-15 Punkte nach oben und sind Grund für den ersten Einstieg. Diese Sondersituation sollte sich bereits in den kommenden zwei Monaten umsetzen.

Zum Ende des Berichtszeitraumes weist der Colibri mit seinen 48 Wertpapieren eine erwartete Rendite von 11,4% p.a. auf. Die Yield-to-worst (YTW), also die Rendite sollten Ereignisse nicht wie erhofft oder später eintreten, beläuft sich auf 9,49%. Im Vormonat hatten wir bereits angerissen, dass wir eingebuchte Events in neue Ideen drehen. Daher nun der erneute Anstieg der Rendite, trotz gleichzeitig positivem Kursverlauf. Von beiden Kennzahlen sind die Absicherungskosten gegenüber Fremdwährungen abgezogen. Mit zunehmender Laufzeit zeichnet sich zudem auch der unabhängige und alternative Marktcharakter des Colibri ab. Gegenüber den klassischen Zinsmärkten (REXP, EUR Govies) ist die Korrelation leicht negativ, gegenüber High-Yield Indices (Proxy: iShares EUR HY) liegt sie bei 0,19 und damit ebenso im nicht signifikanten Bereich.

Strategisch: Wie eingangs erwähnt, haben wir einen zweiten unabhängigen Research-Anbieter aufgenommen. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, welches vor allem durch Experteninterviews eine Sichtweise auf Branchen und Unternehmen ermöglicht, die man sonst nicht oder nur schwerlich erhält. So konnten wir beispielsweise mit Einkäufern von Einzelhändlern sprechen, die Produkte einer unserer Fondspositionen für die DACH-Region kaufen. Ein weiterer Zugang wurde zu einem amerikanischen Private-Equity Haus ermöglicht, die jüngst einen Fonds für europäische Immobilien aufgesetzt haben. Dabei ist insbesondere die Aktivität der Transaktionen auf dem Immobilienmarkt und eine Einschätzung inkl. der Stellschrauben wichtig. Das ist selbstverständlich nur ein kleiner Mosaikstein, der den redundanten Research-Prozess und die von uns intern evaluierten Bewertungen jedoch sinnvoll ergänzt. Researchkosten werden auch weiterhin nicht über den Fonds gezogen, sondern landen auf eigener P&L.

Sollten Sie weitere Rückfragen zum Fonds oder den erwähnten Inhalten haben, ein Update der Präsentation wünschen oder (gerne auch kritisches) Feedback anmerken, kommen Sie jederzeit auf uns zu.

 

In Hamburg sagt man Tschüss

Andreas Meyer

Gründer & CIO

 

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